Es war einer der spektakulärsten Fälle von Mitarbeiterdiebstahl in Deutschland: Fünf Mitarbeiter eines Computerherstellers hatten ihre Firma über Jahre hinweg regelrecht ausgeplündert. Schaden in Millionenhöhe! Mit meinem Team konnte ich den Fall aufklären. Er macht deutlich, wie wichtig es ist, dass interne Sicherheitsmaßnahmen nicht nur auf dem Papier stehen: Sie müssen Tag für Tag umgesetzt werden – sonst kann es sehr schnell sehr teuer werden.
Das gilt übrigens nicht nur für große Unternehmen. Ameisendiebstahl, wie ich es einmal genannt habe, ist eine Form der Kriminalität, die in fast jedem Unternehmen vorkommt. Der einzelne Diebstahl richtet vielleicht nur einen überschaubaren Schaden an. Aber wenn er sich wiederholt, Tag für Tag, dann kann der Schaden schnell beträchtlich werden.
Kurzer Rückblick auf unseren Fall:
Die Männer hatten wertvolle elektronische Bauteile mitgehen lassen, am Ende Zehntausende im Wert von rund 60 Millionen! Sie verkauften sie ins Ausland weiter – es war ein doppelter Schaden für den Hersteller: Fertige Produkte verschwanden, gleichzeitig blieben Aufträge aus, weil der Markt ja „beliefert“ wurde.
Wir wurden spät eingeschaltet, eigentlich zu spät. Die Situation im Management: zwischen Hilflosigkeit und Verzweiflung. Die Verluste waren enorm. Als erstes überprüften wir, ob „das Leck“ vielleicht gar nicht im Unternehmen selbst zu suchen war: Wir verfolgten alle Lieferwege nach Deutschland. Aber dort war alles sauber.
Und damit war auch klar: Die Verluste waren im Unternehmen selbst entstanden. Innentäter.
Am Ende waren wir mit acht Leuten im Einsatz, wochenlang. Weil man mit den verschwundenen Chips auch Waffen hätte bauen können, haben wir auch in diese Richtung ermittelt. Natürlich haben wir auch geprüft, ob das Computersystem der Firma manipuliert worden sein könnte. Fehlanzeige.
Millionenschaden – weil Kontrollen viel zu lasch waren
Auf die richtige Spur kamen wir, als wir mit Testkäufen begannen. Wir überprüften die Absender der Angebote – und stießen auf einen ehemaligen Mitarbeiter: Er hatte gerade mal ein halbes Jahr befristet in dem Unternehmen gearbeitet. Zeitvertrag. Relativ kleines Gehalt. Seit er die Firma verlassen hatte, lebte er auf großem Fuß. Das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen…
Nach seiner Festnahme gestand er, wie er auf die schiefe Bahn geraten war:
Ein Mann hatte sich bei ihm gemeldet und ihm viel Geld geboten, wenn er ihm einige elektronische Bauteile „besorgen“ würde. Die internen Kontrollen in der Firma waren, freundlich ausgedrückt, sehr lasch: Der Mitarbeiter konnte die Teile unkontrolliert in seinem Rucksack mit nach Hause nehmen.
Der Käufer kam bald wieder. Bot noch mehr Geld an. Und so ging es weiter. Kurz bevor der Vertrag des Mitarbeiters auslief, weihte er einen Kollegen ein. Man machte gemeinsame Kasse. Bald verdienten sie fünfstellig – pro Woche.
Der ehemalige Mitarbeiter des Computerunternehmens lebte inzwischen, wie man so schön sagt, in Saus und Braus. Villa in Süddeutschland. Motorboot. Teure Weine. Wertvolle Uhren. Nachdem wir alle Informationen über ihn, seine Aktivitäten und Kontakte, aber auch über sein neues Vermögen zusammengetragen hatten, schalteten wir Polizei und Staatsanwaltschaft ein. Diese wurden nach Sichtung des von uns zusammengetragenen Beweismaterials sehr schnell aktiv wurden. Es folgten: Verhaftungen, Anklagen und schließlich der Prozess. Alle Angeklagten wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Für uns war der Fall damit noch nicht abgeschlossen: Im Auftrag des Unternehmens versuchten wir, die verlorenen Gelder aufzuspüren und zurückzuholen. 22 Millionen konnten wir retten, immerhin.
Den Haupttäter habe ich später einmal im Gefängnis getroffen. Ich werde nie vergessen, was er sagte: “Die Unternehmen sind selbst schuld, wenn sie sich bestehlen lassen. Ich habe es damals getan, weil es möglich war. Aus keinem anderen Grund.“
So unverschämt dieser Satz auch klingen mag, er enthält eine entscheidende Wahrheit: Leichtsinn und Nachlässigkeit, Gutgläubigkeit und manchmal auch falsch verstandene Sparsamkeit in einem Unternehmen verleiten immer wieder Mitarbeiter dazu, das eigene Unternehmen zu bestehlen.
„Die Unternehmen sind selbst schuld, wenn sie sich bestehlen lassen“ – solche Sprüche mag ich eigentlich nicht. Viel besser klingt doch: „Die Unternehmen können selbst dafür sorgen, dass sie nicht bestohlen werden.“
Die Überzeugung, dass Maßnahmen zur inneren Sicherheit in jedem Unternehmen zwingend notwendig sind, sollte bei allen Überlegungen einer Unternehmensleitung eine zentrale Rolle spielen. Alles andere ergibt sich dann von selbst: Das fängt bei der Auswahl der Mitarbeiter an, geht über die Arbeitsorganisation, die digitale Bestandsverfolgung, regelmäßige Kontrollen – und reicht bis zu strikten Regeln mit Null-Toleranz für Diebstahl und Betrug, auch wenn er noch so klein ist, und einem überzeugenden Belohnungssystem für Hinweise auf Schwachstellen im Sicherheitssystem.
Mein Team und ich haben in den letzten Jahren vielen Unternehmen – großen und kleinen – geholfen, sich im Bereich der internen Sicherheit richtig aufzustellen. Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf.