„Firma in Firma“: Unternehmer wurde von den eigenen Mitarbeiter ausgeplündert

Heute möchte ich Ihnen von einem Erfolg berichten: Wir konnten eine Firma in der Firma entdecken – und damit das eigentliche Unternehmen vor unübersehbaren Schaden, vielleicht sogar vor dem Untergang bewahren.

Eine Firma in der Firma – das ist eine nicht seltene Form der Wirtschaftskriminalität, an der gleich mehrere „Innentäter“ beteiligt sind. Sie tun sich zusammen und plündern ihren Arbeitgeber regelrecht aus. Das geht oft lange Zeit gut, weil es äußerst schwierig ist, den Tätern auf die Schliche zu kommen: Sie sind in der Regel über das ganze Unternehmen verteilt und decken sich gegenseitig.

Betroffen in unserem Fall: ein mittelständisches Stahlunternehmen in Süddeutschland mit gut 1.500 Mitarbeitern. Der Firmeninhaber meldete sich bei uns und schilderte sein Problem: Der Materialeinkauf fand wie bisher auf hohem Niveau statt, die Produktion lief unverändert – und doch war der Umsatz deutlich zurückgegangen. Etliche Kunden waren abgesprungen und konnten trotz angeblich großer Anstrengungen des Vertriebs nicht zurückgewonnen werden.

Irgendetwas, das wurde dem Unternehmer klar, lief schief, und zwar gewaltig. Da er nach etlichen Gesprächen und Besprechungen mit seinen Abteilungsleitern den Eindruck hatte, dass diese wesentliche Informationen entweder nicht kannten oder bewusst zurückhielten, wandte er sich an uns.

Wir vereinbarten ein mehrstufiges Vorgehen: Zunächst führte ein Wirtschaftsprüfer, mit dem wir seit Jahren zusammenarbeiten, eine „heimliche Revision“ durch. Dabei wurde schnell klar: Es gab einen großen Warenschwund! Es wurde viel zu viel Material bestellt, das sich allerdings nirgends entdecken ließ.  Wo war es geblieben?

Zweiter Schritt: Wir haben zwei Mitarbeiter eingeschleust – einen Mann in die Produktion, einen in die Verwaltung. Gleichzeitig stellten wir zwei Teams zusammen, die die Firmenzufahrt überwachten, rund um die Uhr, auch an den Wochenenden: Wenn Material eingekauft und geliefert, aber nicht auf dem Firmengelände gelagert wurde, musste es ja wohl irgendwann und irgendwie weggeschafft werden…

In relativ kurzer Zeit kamen wir den Tätern auf die Spur. Sie saßen im Einkauf, in der Produktion, im Fahrerteam und beim Sicherheitspersonal… Sie hatten das Unternehmen regelrecht infiltriert. Befreundete Einkäufer von Kundenfirmen waren mit Sonderangeboten gelockt worden: Sie bekamen bis zu 40 Prozent Rabatt gewährt.

Die so georderten „Sonder-Produkte“ wurden in Extra-Schichten am Wochenende produziert – natürlich auf Kosten des eigentlichen Unternehmens. Die Firma in der Firma manipulierte Stundenzettel, Abrechnungen, Lieferscheine, Rechnungen, richtete eigene Konten ein – der gesamte Geschäftsverkehr wurde zwar im eigentlichen Unternehmen abgewickelt, aber dort von einer Parallelfirma.

Nach Sicherung aller notwendigen Beweise wurde in einer konzertierten Aktion mit Polizei und Staatsanwaltschaft, die wir zuletzt in Absprache mit dem Firmenchef einbezogen hatten, der Schlussstrich gezogen – für uns zumindest. Die behördlichen Ermittlungen gingen selbstverständlich weiter, besser: Sie fingen jetzt erst richtig an…

Der Unternehmer, der in alle unsere Schritte eng eingebunden war, musste nicht nur den finanziellen Schaden verkraften: Leitende Mitarbeiter, mit denen er seit Jahren zusammenarbeitete, hatten sein Vertrauen grob missbraucht – eine solche Erfahrung ist sehr schmerzhaft!

Übrigens ist es kein Einzelfall: Die eigenen Mitarbeiter sind in Sachen Betrug und Unterschlagung ein größeres Risiko für Unternehmen als Diebe von außen. Das ergab eine Analyse der Schadensstatistik von Allianz Trade in Deutschland. Mehr als die Hälfte aller Fälle und rund 70 Prozent der angerichteten finanziellen Schäden gehen auf das Konto krimineller Mitarbeiter. Jedes zehnte Unternehmen wird von den eigenen Mitarbeitern betrogen, wobei die Dunkelziffer hoch ist. Schätzungen gehen von einem volkswirtschaftlichen Schaden in Milliardenhöhe aus.

Gibt es einen wirksamen Schutz? Es muss eine vernünftige Balance zwischen Vertrauen auf der einen Seite und Vorsorge und Kontrolle auf der anderen Seite gefunden werden. Ich empfehle, sensible Bereiche doppelt zu sichern, einen Compliance-Beauftragter zu benennen und ein Hinweisgeber-System einzurichten. Regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter sollten ebenso selbstverständlich sein wie die strikte Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips bei allen Zahlungen.

Wenn Sie Fragen oder auch Anregungen zu diesem Thema haben: Kontaktieren Sie mich gerne.