Das Bekanntwerden einer Beschattungsaffäre um Volkswagen und den Zulieferer Prevent veranlasste die Wirtschaftswoche, das Thema groß aufzugreifen. Unter der Überschrift „Spitzelrepublik“ berichtet das Magazin, das dafür auch den Frankfurter Sicherheitsexperten Klaus-Dieter Matschke befragte.
Auszüge aus dem Bericht:
Im Büro von Klaus-Dieter Matschke riecht es nach Zigarettenrauch und Kaffee. Aus dem Nebenraum dringen chinesische Satzfetzen. Matschkes Mitarbeiter spürt gerade deutschem Geld nach, das in Hongkong versickert sein soll. Zwölf Leute, die meisten davon ehemalige Zollfahnder und Geheimdienstmitarbeiter, beschäftigt Matschke in seiner Unternehmensberatung KDM Sicherheitsconsulting in Frankfurt.
Der 69-Jährige hat selbst viele Jahre für den Bundesnachrichtendienst (BND) gearbeitet und war am Aufbau des Verfassungsschutzes in Sachsen-Anhalt beteiligt. Regelmäßig taucht sein Name im Zusammenhang mit allerlei Affären auf, zuletzt soll er einem Schweizer Spitzel geholfen haben, Informationen über deutsche Steuerfahnder zu beschaffen. Ihn beauftragen auch Mittelständler, wenn sie Nachbauten ihrer Produkte auf Messen entdecken oder gegen Korruption kämpfen.
Der Kampf gegen Industriespionage führt Matschke regelmäßig in filmreife Situationen. Im Auftrag des Würzburger Maschinenbauers Koenig & Bauer etwa observierte der Ermittler monatelang einen ehemaligen Mitarbeiter, der im Verdacht stand, Maschinen seines Exarbeitgebers nachzubauen. Matschke observierte und fotografierte den Mann und dessen Lieferanten. Fündig wurde er im Müll: Komplette Baupläne von Koenig & Bauer lagen darin. Zwei Exmitarbeiter des Unternehmens wurden inzwischen rechtskräftig wegen Verrats von Betriebsgeheimnissen verurteilt (
Das Muster der Spionage ist oft gleich. „Der leichteste Weg ist, einen Mitarbeiter abzuwerben“, sagt Matschke. „Wenn das nicht funktioniert, schleust das Konkurrenzunternehmen eben einen Mitarbeiter ein.“ Gelinge auch das nicht, griffen Unternehmen zur Beschattung und zum Lauschangriff. „Je mehr Information die Gegenseite über eine Person sammelt, desto einfacher kann sie Geheimnisse ausspähen. Wenn der Chef etwa gerne Tennis spielt, lernt er dann zufällig einen neuen Tennispartner kennen. Und sobald er den in das Unternehmen einlädt, weil dieser zufällig gerade ums Eck ist, klebt unter dem Schreibtisch schon eine Wanze.“
Selbst die Verführung von Geschäftsleuten durch attraktive Frauen, die die Romanze allerdings filmisch festhalten und später als Erpressungsmaterial nutzen, kam Matschke schon unter. Ermittler sprechen von der „Honigfalle“. „Der menschlichen Kreativität ist auch bei Spionage keine Grenze gesetzt.“
(…) Privatermittler Matschke beteuert, keine illegalen Methoden anzuwenden – und übergibt seine Ermittlungsergebnisse stets der Staatsanwaltschaft. Oft ist die Lösung seiner Fälle ohnehin naheliegend. Als beim Computerhersteller Hewlett-Packard beim Werk in Böblingen einst Tausende Computerchips verschwanden, recherchierte Matschke rund um den Globus Geheimdiensten hinterher. Letztlich stellte sich heraus, dass ein paar Zeitarbeiter die damals sündhaft teuren Chips einfach im Rucksack aus dem Gelände getragen und privat verkauft hatten.
Wirtschaftswoche vom 4. Mai 2018